Fragen

Antworten auf die Fragen von hessenschau.de zur OB-Wahl in Darmstadt, veröffentlicht am 14.03.17

Ihre politische Arbeit in drei Schlagworten
ökologisch, sozial, modern

Warum wären Sie der/die richtige Oberbürgermeister/-in für Darmstadt?
Ich bin der richtige Oberbürgermeister für Darmstadt, weil sich mein gesamtes politisches Handeln an dem Anspruch orientiert, ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig zu sein, ganz gleich, um welches Ressort es sich handelt. Schon in meiner Zeit als Darmstädter Sozialdezernent habe ich in allen Bereichen auf Sozialraumorientierung, Prävention und Partizipation gesetzt. In den vergangenen sechs Jahren als Oberbürgermeister konnte ich diesen Anspruch mit Unterstützung des Magistrats auch in anderen Politikfeldern umsetzen. Das war und ist für die Sozialpolitik wirkungsvoll, das hat sich aber auch für die Bereiche Wirtschaft, Stadtentwicklung und Kultur als richtig erwiesen. Darmstadt ist zum zweiten Mal in Folge von Wirtschaftswoche und Immobilienscout 24 zur Zukunftsstadt Nr. 1 in Deutschland gewählt worden, das ist schon etwas Besonderes. Und auch die Bürgerinnen und Bürger spüren das: 90 % sind sehr zufrieden mit ihrer Stadt.

Wie unterscheiden Sie sich von Ihren Mitbewerbern?
Ich unterscheide mich dadurch, dass ich nicht nur bereits seit sechs Jahren Oberbürgermeister dieser Stadt bin, sondern in dieser Zeit durch meine Dialogfähigkeit und Entscheidungskraft sowie durch eine klare Haltung für Darmstadt viel erreicht und auf den Weg gebracht habe. Ich bin ein guter Teamplayer, der nicht nur redet, sondern Dinge, die teilweise jahrelang brachlagen, im offenen Dialog mit den Beteiligten und der Bürgerschaft konkret umsetzt. Ich glaube, dass mein persönlicher und beruflicher Erfahrungshorizont (Herkunft aus einfachen Verhältnissen, Studium der Sozialwissenschaft, Arbeit in der Software-Industrie und für Menschen in sozialen Brennpunkten, etc.) mich offen und sensibel macht für die Problemstellungen sowohl von benachteiligten Menschen auf der einen Seite als auch von beispielsweise Wirtschaftsunternehmen auf der anderen Seite.

Welches Problem würden Sie als OB als erstes angehen?
Vieles ist in den vergangenen sechs Jahren erreicht und verbessert worden: Ausbau der Kinderbetreuung bis an die Spitze Hessens, Aufbau einer offenen Bürgerbeteiligungskultur, Haushaltsausgleich und Beginn des Schuldenabbaus, Stärkung und demokratische Kontrolle der Stadtwirtschaft, Abbau des Sanierungsstaus insbesondere bei Straßen, städtischer Infrastruktur und Schulen. Vieles davon sind Daueraufgaben, die weitergeführt werden müssen. Zudem wächst Darmstadt, deshalb dürfen wir nicht nachlassen, sondern müssen weiterhin Wohnungen bauen und Stadtreparatur betreiben. Das Wachstum muss gestaltet werden, sodass die hohe Lebensqualität erhalten bleibt.
Die größte Herausforderung ist daher, die wachsende Stadt zusammenzuhalten, Wohnungen für alle Bevölkerungsschichten zu bauen sowie gleichzeitig die soziale und verkehrliche Infrastruktur mit zu realisieren.

Sind Sie für ein neues Fußballstadion, und welchen Standort würden Sie dafür empfehlen?
Jeder weiß, mein Herz hängt am Böllenfalltorstadion. Ich bin trotz aller rechtlichen Problemstellungen der Auffassung, dass dies der ideale Standort wäre. Allerdings sieht es derzeit danach aus, dass das nicht realisierbar ist. Daher prüfen derzeit Stadt und Verein mit Unterstützung des Planungsbüros Albert Speer & Partner vier Alternativstandorte.

Welche weiteren Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?
Wichtige Ziele sind für mich

  • die Entwicklung von Wohnraum ver­bunden mit einem guten Verkehrsmanagement und einer Ver­besserung des Klimas. Bis 2020 werden wir die Voraussetzungen für 10.000 neue Wohnungen in Darmstadt schaffen, davon sind 25 % als Sozialer Wohnungsbau und mindestens 20 % für mittlere Einkommen vorgesehen.
  • die Unterstützung von Beteiligung und Teilhabe zur Stärkung des Vertrauens in unsere kommunale Demokratie, insbesondere unter Einbeziehung von Menschen, die von der Politik sonst nicht erreicht werden. Ich will alle mitnehmen, damit Populismus und Radikalisierung keine Chance in unserer Stadt haben.
  • der kontinuierliche Ausbau und die Qualitätssicherung von Bildung und Betreuung, damit alle Kinder der Stadt unabhängig vom Elternhaus eine faire Chance haben.
  • die Förderung von Wirtschaft und Wissenschaft
  • sowie die Fortentwicklung Darmstadts durch die Umsetzung der Landesgartenschau 2022 und die Bewerbung um den UNESCO-Welterbestatus für die Mathildenhöhe.

Ein Blick aufs Jahr 2023: Wie sollte sich Darmstadt nach Ihrer sechsjährigen Amtszeit verändert haben?
2023 ist die Mathildenhöhe UNESCO-Weltkulturerbe. Der städtische Haushalt ist so weit konsolidiert, dass wir den kommunalen Schutzschirm verlassen haben. Durch die ein Jahr zuvor ausgerichtete Landesgartenschau gibt es ein hohes Maß an biodiversen Grünflächen, die so miteinander vernetzt sind, dass sie sich wie ein grünes Band durch weite Teile der Stadt ziehen. Der Alnatura-Campus auf Kelley ist eröffnet und noch weitere Firmen der Biobranche haben sich in der Stadt angesiedelt. Lincoln ist ein lebendiger, autoarmer Stadtteil. Auf Cambrai-Frisch und Jefferson ziehen gerade die ersten Familien ein. Im neuen Nordbad springen die Kinder vom Sprungturm. Es gibt nur noch Elektrobusse. Die großen Hauptachsen der Stadt sind fertig saniert und Elektrobusse, Bahnen, Fahrräder, Fußverkehr sowie Autos bewegen sich dort gleichberechtigt. Die Darmstädterinnen und Darmstädter sind so weltoffen und engagiert wie eh und je – und die Lilien spielen immer noch erfolgreich in der ersten Bundesliga.

Persönliches

Das mag ich an Darmstadt besonders …
… dass es eine wachsende, kreative Stadt wie wenige andere in Deutschland ist. Dadurch ergeben sich viele Gestaltungsmöglichkeiten. Es gibt ein großes bürgerliches Engagement, die Stadt ist international und weltoffen, Darmstadt ist eine Stadt der Moderne und des Aufbruchs, das ist spannend, aufregend und nie langweilig.

 Mein Lieblingsort in Darmstadt ist …
… das Hofgut Oberfeld. Es erinnert er mich an meine Kindheit, denn ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Der Ort ist für mich ein schönes Symbol dafür, wie Landwirtschaft im 21. Jahrhundert aussehen kann – und muss. Eine Verbindung von ökologischen, sozialen, pädagogischen und kulturellen Aspekten, die von einer Bürgerbewegung getragen werden.

Wenn ich nicht Politik mache …
… lese ich oder bin mit der Familie oder Freunden zusammen.

Mehr von Jochen Partsch zur Oberbürgermeisterwahl auf hessenschau.d

 

Antworten von Jochen Partsch auf die Fragen zu „Was wir für Darmstadt wollen. Die Programme der OB-Kandidaten“ im Darmstädter Echo vom 15.3.2017


Wohnen
Mein wichtigstes Ziel ist es, bis 2020 10.000 neue Wohnungen zu bauen. Die von der Stadt zur Bebauung weitergegebenen Grundstücke sollen nachhaltig, urban und sozial gerecht entwickelt werden. Bei der Vergabe von Wohnbaugrundstücken sind mind. 25% als Sozialer Wohnungsbau und mind. 20% für mittlere Einkommen vorgesehen.

Stadtplanung
Wachstum und die damit einhergehende Verdichtung müssen systematisch angegangen werden. Mit dem mehrjährig angelegten Planungsprozess „Darmstadt Masterplan 2030+“ werde ich dafür sorgen, dass Bauen, Mobilität und Stadtgrün zusammen entwickelt werden. Konversion, Weltkulturerbeverfahren und Landesgartenschau geben diesbezüglich Anschub und Impulse.

Verkehr
Die verkehrliche Situation ist nur durch Mobilitätsmanagement zu meistern. Es müssen Mobilitätsketten ermöglicht werden, damit man auf verschiedene Verkehrsmittel zurückgreifen und diese kombinieren kann. Fuß- und Radverkehr will ich stärken und den ÖPNV ausbauen. Ich setze mich für Gleichberechtigung und Rücksicht aller VerkehrsteilnehmerInnen ein.

Sicherheit
Sicherheit ist ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität in der Stadt. Damit die Kommunalpolizei ein greifbarer Ansprechpartner für die BürgerInnen wird, soll in der Innenstadt eine Stadtwache errichtet werden. Gemäß der Darmstädter Gefahrenabwehrverordnung will ich präventive und repressive Maßnahmen abgestimmt und aufeinander aufbauend einsetzen.

Familie/Schule/Kinderbetreuung
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist von großer Bedeutung. Ich will den Eltern ein verlässlicher Partner sein. Darmstadts Kinderbetreuung ist hessenweit spitze. Sie wird dem Wachstum der Stadt entsprechend weiter ausgebaut. Mein Ziel ist eine Schwerpunkt-Offensive „Schulkindbetreuung“, damit auch hier der Bedarf zu 100 % gedeckt wird.

Sport/Vereine
Durch eine rechtzeitige Einbringung des Haushalts erhalten die Vereine Planungssicherheit. Die sportliche Infrastruktur wird weiterhin ausgebaut. Der Neubau des Nordbads schafft optimale Trainingsmöglichkeiten für Schulen und Vereine. Für den SV Darmstadt 98 schaffen wir optimale bundesligataugliche Bedingungen, in Abstimmung mit Verein und Fanszene.

Wirtschaft/Finanzen
Zum 3. Mal weist der städtische Haushalt Überschüsse auf. Damit können wir die Infrastruktur sanieren. Ich setze auf eine stadtverträgliche, ökologische und soziale Industrieentwicklung in den starken Darmstädter Wirtschaftsbereichen, aber auch mit neuen Impulsen wie beispielsweise der Ansiedlung von Alnatura.

Soziales/Integration
Sozialpolitik ist Koproduktion. Sie ist wirkungsvoll, wenn sie mit allen politischen Handlungsfeldern verbunden ist. Sie erfolgt systematisch und in kleinen Schritten. Im kontinuierlichen Zusammenwirken aller sind sie um so nachhaltiger. Die Aufnahme von Geflüchteten ist sehr gut gelungen, jetzt gilt es, zur Integrations- und Aufnahmestruktur zu kommen.

 

Antworten von Jochen Partsch an Kabbaratz für das kandidatenfreie Frühschoppen zur OB-Wahl „Eine oder Einer wird gewinnen“ am 5.3.2017 im Jagdhofkeller

1. Die Darmstädter Politik der letzten Jahrzehnte hat es, was den Fluglärm anbelangt, faustdick auf den Ohren. Konsequent weiterentwickelt heißt das: Welche Lärmuntergrenzen streben Sie an? Was halten Sie davon, den EAD mit Laubgebläsen auszustatten, die lauter als Flugzeuge sind?“

Wir müssen von starren Grenzen und Quoten wegkommen und werden die Lärmpolitik, wie die gesamte Stadtpolitik, deshalb nach dem Claim „Wir Heiner – Aus Tradition großartig“ prägen und verschiedene Instrumente der gerechten Lärmverteilung im gesamten Stadtgebiet erproben, das bedeutet konkret, dass ich in enger Abstimmung mit der Fraport und der Akaflieg der TU Darmstadt bin, um den kompletten Betrieb des Frankfurter Flughafens auf solarunterstützte Segelflugzeuge umzustellen. Künftig wird der Flugverkehr über Darmstadt und dem gesamten Rhein-Main-Gebiet so lautlos sein, dass wieder mit dem Besen gekehrt werden muss, denn die Umstellung geht mit dem Verbot von Laubgebläsen einher, ein wichtiger Beitrag für den Tierschutz in Darmstadt.

2. Darmstadt hat ein Verkehrsproblem, mindestens. Die Nordostumgehung ist beerdigt, die ICE-Trassenplanung kommt nicht voran. Wir wünschen uns mehr Wasser in der Stadt und einen Rhein-Darmbach-Kanal. Wollen Sie mit uns den Darmstädter Hafengeburtstag feiern?“

Der erste große Hafengeburtstag wird schon im kommenden Mai gefeiert werden, denn wer annimmt, der Große Woog werde nur entschlammt, irrt. In Wahrheit handelt es sich um eine Woogvertiefung, die auch das Anlegen großer Containerschiffe möglich macht und als Ausgangspunkt für eine sechsspurig schiffbare Wasserstraße zwischen Worms und Aschaffenburg dient, womit Frage der Ostkreisanbindung nachhaltig gelöst ist.

3. Transparent heißt auch in der Kommunalpolitik durchsichtig, auch für die Uneinsichtigen. Welche Datenschutzmaßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Bürgerinnen und Bürger vor den Tatsachen zu schützen? Sehen Sie den Datenschutz auf den Grabsteinen der Darmstädter Friedhöfe gewährleistet?“

Die Aufgabe der Politik ist es nicht den Bürger vor Tatsachen zu schützen, sondern Tatsachen zu schaffen. Sollten wir irgendwann ein neues Rathaus bauen, werden wir das Augenmerk auf die Uneinsichtigen legen und im Sinne der Transparenz alle Wände des Rathauses durch Plexiglas ersetzen, denn wir streben eine vollumfänglich transparente Politik an.

4. Wir wollen eine weltoffene Stadt mit Willkommenskultur. Also keine Ausgrenzungen. Dialekt grenzt aus. Was wollen Sie zur Bekämpfung der Heinerdeutschen Landsmannschaft tun und befürworten Sie eine Datterich-freie Dekade bis 2027?“

In Darmstadt leben seit Jahrhunderten Datteriche, Heiner und zugezogene Neu-Darmstädterinnen und Neu-Darmstädter friedlich und meist auch einvernehmlich zusammen. Auch mir als Franke ist es gelungen, mich erfolgreich zu integrieren, Darmstadt bleibt weltoffen!

 

Wahlprüfsteine des Vereins weGErecht zur Oberbürgermeisterwahl 2017 in Darmstadt. Antworten von Jochen Partsch, 1.3.2017

1. Die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) stellt an das durch Markierung oder Beschilderung legalisierte Gehwegparken schon seit 2009 die Anforderung, dass auf dem Gehweg noch mindestens Raum für einen Begegnungsverkehr von Rollstühlen bzw. Kinderwagen verbleibt. Die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Darmstadt hält aber unverändert an der Meinung fest, dass 1,20 m Restgehwegbreite ausreichend sind.

1.1. Teilen Sie die derzeit von der Straßenverkehrsbehörde vertretene Meinung und wenn ja, wie begründen Sie dies?

1.2. Wenn nein, welche Mindestbreite halten Sie (bei Berücksichtigung maßgeblicher Rechtsvorschriften wie des geltenden Straßenverkehrsrechts sowie des Grundgesetzes, des Behindertengleichstellungsgesetzes und der UN- Behindertenrechtskonvention) für angemessen?

Antwort JP: Wir haben in Darmstadt ein Problem mit dem ruhenden Verkehr, deshalb haben wir in einigen Wohngebieten als Pilotprojekt Parkraumbewirtschaftung verbunden mit Anwohnerparken eingeführt. Die Erfahrungen werden wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern auswerten und dann entscheiden, ob das Modell auf andere Stadtteile ausgeweitet werden kann.

Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass in bestimmten Situationen das Parken beispielsweise auf dem Gehweg nicht komplett verboten werden kann, weil es definitiv keine Alternativen gibt. Deshalb muss man mit Augenmaß an die Sache herangehen.

Dort, wo Parken auf der Straße möglich ist, ohne dass Feuerwehr oder Rettungsdienste behindert werden, muss man selbstverständlich auch Gehwegparken ahnden.

2. Verkehrsbehördliche Anordnungen (Beschilderungen und Markierungen) sind der aktuellen Rechtslage anzupassen. Viele aus heutiger Sicht rechtswidrige Anordnungen wurden durch die Straßenverkehrsbehörde seit 2009 aber nicht entfernt oder geändert.

2.1. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um eine zeitgerechte Umsetzung geltenden Rechts sicherzustellen?

Antwort JP: Im Zuge der laufenden offensiven Sanierung der Infrastruktur werden selbstverständlich auch vonseiten der Straßenverkehrsbehörde die Beschilderungen und Markierungen überprüft und gegebenenfalls erneuert bzw. angepasst.

3. Die Ordnungsbehörde hat in den letzten Jahren jeweils rund 9.000 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Falschparkens eingeleitet. Umgerechnet entspricht dies einer Zahl von knapp 25 je Tag.

3.1.  Spiegelt die von der Ordnungsbehörde berichtete Ahndungstätigkeit den Umfang des Problems „Falschparken“ in Darmstadt Ihrer Meinung nach zutreffend wieder?

3.2.  Sind Sie der Meinung, dass die Überwachung des ruhenden Verkehrs aktuell ausreichend, zu intensiv oder zu gering ist?

3.3.  Welche Änderung möchten Sie ggf. zum Status quo einleiten?

Antwort JP: Wir haben in unserem 2016 geschlossenen Koalitionsvertrag beschlossen, dass die Dienstzeiten der Kommunalpolizei erweitert werden. Die Präsenz der Kommunalpolizei wird bezüglich der Stadtteile ausgeweitet und damit die Kooperation mit Bürgerinnen und Bürgern im Quartier gestärkt. Dabei muss auch weiterhin die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ausgeweitet werden.

4. Der Ordnungsbehörde steht gemäß Hessischem Gesetz über Sicherheit und Ordnung (HSOG) das sog. Opportunitätsprinzip zu; d.h. die Behörde entscheidet „nach pflichtgemäßem Ermessen“ ob und wie sie ahndet. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens muss die Behörde übergeordnete Rechtsvorschriften jedoch zwingend einhalten. Hierzu zählen die oben bereits erwähnte VwV-StVO und die darin geforderte Begegnungsmöglichkeit von Rollstühlen und Kinderwagen ebenso wie der Gleichheitsgrundsatz nach Grundgesetz, das Behindertengleichstellungsgesetz oder die UN- Behindertenrechtskonvention. Dennoch ahndet die Ordnungsbehörde nach eigenem Bekunden dann in der Regel nicht, wenn noch eine Restgehwegbreite von 1,20 m und mehr verbleibt – also im besten Fall ein Einrichtungsverkehr auf dem Gehweg möglich ist. In Bereichen wie dem Woogsviertel werden sogar deutlich geringere Breiten ungeahndet toleriert.

4.1. Sind Sie der Meinung, dass die gängige Ahndungspraxis des ruhenden Verkehrs durch die Ordnungsbehörde rechtskonform ist?

4.2. Welche Änderungen an der Ahndungspraxis werden Sie als Ordnungsbehörde ggf. veranlassen?

Antwort JP: Grundsätzlich ist das Vorgehen der Kommunalpolizei rechtskonform. Wie in den vorherigen Antworten geschildert ist es aber dennoch eine Frage des Abwägens, wie man mit der immensen Menge der vorhandenen Autos umgeht, wenn Abstellplätze deutlich fehlen.

Bei allen Stadtvierteln, die wir zurzeit neu schaffen, werden die Bedingungen ganz anders sein. Zum Beispiel ist die neue Lincoln-Siedlung als autoarmes Quartier konzipiert. Dies wird sicher auch in weiteren neuen Stadtentwicklungsprojekten der Fall sein. Damit wird die Problematik von vornherein vermieden.

In Hinblick auf die bestehenden Quartiere kann ich nur noch einmal meine Antwort zu Frage 3 wiederholen: Wir haben in unserem 2016 geschlossenen Koalitionsvertrag beschlossen, dass die Dienstzeiten der Kommunalpolizei erweitert werden. Die Präsenz der Kommunalpolizei wird bezüglich der Stadtteile ausgeweitet und damit die Kooperation mit Bürgerinnen und Bürgern im Quartier gestärkt. Dabei muss auch weiterhin die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ausgeweitet werden.

 

Interview mit Jochen Partsch auf hessen-depesche.de, 25.2.2017

Herr Partsch, Sie treten am 19. März erneut zur Oberbürgermeisterwahl in Darmstadt an. Wenn Sie auf Ihre erste Amtszeit seit 2011 zurückblicken: In welchen drei Bereichen konnten Sie die wichtigsten Impulse für Darmstadt setzen – und was hätte man vielleicht besser machen können?
Als unsere Koalition 2011 die Arbeit aufnahm, sahen wir uns mit dem unmissverständlichen Auftrag der Eltern konfrontiert, das Kinderbetreuungsangebot auszubauen und ausreichend Plätze im U3-, Kindergarten- und Hort-Bereich sicherzustellen. In enger Zusammenarbeit mit Eltern, Elterninitiativen und der gesamten Darmstädter Trägerlandschaft ist es uns gelungen, binnen fünf Jahren die Zahl der Plätze deutlich zu steigern. Heute liegt Darmstadt in Sachen Kinderbetreuung hessenweit an der Spitze. Darüber hinaus hat das aktuelle Städteranking von Wirtschaftswoche und Immobilienscout24 unserer Stadt die viertbeste Quote für Kita-Plätze im U3-Bereich zuerkannt, damit liegt Darmstadt auch in der gesamten Bundesrepublik vorne.

Unsere Koalition hat dafür gesorgt, dass auf kommunaler Ebene neue Strukturen für die Partizipation geschaffen wurden: Die Stelle der/s Bürgerbeauftragten wurde inhaltlich neu ausgerichtet. Aufgabe ist es nicht mehr nur Bürgerbeschwerden aufzunehmen, sondern Bürgerbeteiligung umfassend zu organisieren. Regelmäßig finden jetzt Bürgerversammlungen in den Stadtteilen statt. Erstmals wurde ein Bürgerhaushalt eingerichtet. Darüber hinaus wird die Bürgerschaft immer wieder zu wichtigen Themen der Stadtentwicklung befragt. Insbesondere durch die Stadtteilforen in Arheilgen und Eberstadt ist es gelungen, auch politikferne Menschen zu beteiligen. Das Darmstädter Modell der Bürgerbeteiligung ist heute so erfolgreich, dass es bundesweit Nachahmung findet.

Außerdem war bei meinem Regierungsantritt die Sanierung des städtischen Haushalts bis 2016 eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung Darmstadts. Das haben wir erreicht: Die Finanzlage der Stadt Darmstadt hat sich durch eine entschlossene Konsolidierung des städtischen Haushalts und eine am Machbaren orientierte Politik deutlich verbessert. Der angestrebte Haushaltsausgleich konnte erreicht werden. Zum dritten Mal in Folge hat der Magistrat einen Haushalt vorgelegt, der sogar Überschüsse aufweist. Dadurch kann endlich auch mit dem Schuldenabbau begonnen werden. Gleichzeitig geht die Konsolidierung mit der kontinuierlichen Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur in den Bereichen Mobilität, Bildung und Betreuung, Sport und Kultur einher.

Um gegenüber unerwarteten Kostensteigerungen wie beispielsweise beim Neubau des Nordbads abgesichert zu sein, hätten wir früher einen Risikofaktor bei großen Bauvorhaben einführen sollen. Das ist erst im vergangenen Jahr geschehen. Jetzt sind wir auch diesbezüglich auf einem guten Weg.

Sie regieren mit einer grün-schwarzen Mehrheit im Rathaus. Die Union hat auf einen eigenen Kandidaten zur OB-Wahl verzichtet. Wenn man den GRÜNEN Jochen Partsch wählt, wählt man dann auch ein Stück weit CDU mit?
Unsere grün-schwarze Koalition arbeitet seit 2011 erfolgreich zusammen. Wenn man Jochen Partsch wählt, wählt man diese Koalition wieder. Es gibt viele Gemeinsamkeiten, die uns einen. Es gibt aber auch Dinge, die uns trennen. In der Vergangenheit ist es aber auch bei unterschiedlichen Auffassungen von einer Sache gelungen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Das haben wir uns auch für die weiteren sechs Jahre der Zusammenarbeit vorgenommen.

Darmstadt ist eine schnell wachsende Stadt. In Ihrem Wahlprogramm versprechen Sie, 10.000 neue Wohnungen zu schaffen, ohne allerdings einen konkreten Zeitraum zu nennen, in dem diese Mammutaufgabe bewältigt werden soll. Mindestens 25 Prozent der neuen Wohnungen sollen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus entstehen, mindestens 20 Prozent sind für mittlere Einkommen vorgesehen. Wie wollen Sie das – auch finanziell – stemmen?
Es stimmt, dass es mein wichtigstes Ziel ist, in Darmstadt 10.000 neue Wohnungen zu schaffen von denen mindestens 25% als Sozialer Wohnungsbau und mindestens 20% für mittlere Einkommen vorgesehen sind. Zeitlich habe ich mich sehr wohl festgelegt: Bis 2020 sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden.

Wir sind schon energisch dabei: Die städtische Tochter Bauverein AG hat die Konversionsfläche der Lincoln-Siedlung erworben, dort entstehen gerade 2.000 Wohneinheiten. Mehr als hundert sind bereits bezogen. Es gibt einen ausgewogenen Mix aus verschiedenen Haus-, Wohn- und Eigentumsformen. So werden wir auch bei der Jefferson- und Cambrai-Fritsch-Kaserne vorgehen. Bis Mitte 2017 werden auch die Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) über diese beiden Konversionsflächen abgeschlossen sein.

Wichtig zu wissen ist: Nicht die Stadt baut Wohnungen, sondern die städtische Tochtergesellschaft bauverein AG. Wir werden aber auch Grundstücke an Investoren verkaufen, dabei wird dann vertraglich festgelegt, dass 25% als Sozialer Wohnungsbau und 20% für mittlere Einkommen entstehen. Das ist Teil der Verhandlungen und der Bebauungspläne.

Sie sollen auf dem Neujahrsempfang der Stadt gesagt haben: „Darmstadt muss wachsen, egal mit welcher Konsequenz.“ Bedeutet das möglicherweise auch, dass ausgerechnet ein GRÜNER OB Hand an den Wald legen möchte, um neuen Wohnraum zu schaffen? Der Wald gehört ja zu einem Drittel der Stadt.
Das ist nicht richtig. Ich habe beim Neujahrsempfang der Stadt gesagt: „Wir sollten die Dynamik der Entwicklung unserer Stadt nicht aufhalten. Deshalb müssen wir die Stadt weiterbauen. Wir werden mit dem Land Hessen über die Siedlungsbeschränkung im Norden Darmstadts reden.“ Das ist etwas anderes. Natürlich werde ich Bauen, Mobilität und Stadtgrün zusammen entwickeln, damit Klima und Lebensqualität unter dem Wachstum nicht leiden. Doch die Siedlungsbeschränkung im Norden darf kein Tabuthema sein.

Ein anderes Thema ist die von der schwarz-grünen Landesregierung eingeführte Fehlbelegungsabgabe für Sozialwohnungen. Viele Kommunen ächzen über den Verwaltungsaufwand, der in keinem Verhältnis zum Ertrag stehe. Der Mieterbund hingegen hat die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe begrüßt. Wie stehen Sie dazu – war die Einführung ein Fehler oder halten Sie das für ein sinnvolles Instrument?
Nur um den Sachverhalt vollständig darzustellen: Der Darmstädter Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung haben 2013 mit der städtischen Tochtergesellschaft bauverein AG einen Kooperationsvertrag geschlossen, der vorsieht, bis 2020 jährlich 100 Wohnungen mit Belegungs- und Mietpreisbindung zu schaffen oder die Mietpreisbindung nach Ablauf zu verlängern. Beteiligt sich die Stadt an den Baukosten, kann sie die Belegung der Wohnungen durch das Wohnungsamt sicherstellen und einen niedrigen Mietpreis für 20 Jahre festschreiben.

Nun kann es vorkommen, dass jemand im Laufe der Zeit mehr verdient als bei Bezug der Sozialwohnung und damit keinen Anspruch mehr auf Mietpreisbindung hat. In diesem Fall muss eine Fehlbelegungsabgabe an die Stadt gezahlt werden, die dieses Geld wiederum für die Schaffung neuer Sozialwohnungen verwendet.

Ich bin der Ansicht, dass dies ein sinnvolles Prozedere ist. Die Alternative wäre, dass die Mieterin/der Mieter aus der Sozialwohnung ausziehen müsste. Daran ist uns nicht gelegen. Es ist viel besser, wenn sie/er im Sinne einer Stabilisierung des Milieus in der Wohnung bleibt und die Fehlbelegungsabgabe zahlt. Wir möchten nicht, dass jemand sein gewohntes Umfeld, seine Freunde und Nachbarn verlassen muss, weil sie/er es geschafft hat, ihre/seine finanzielle Lage zu verbessern.

Für viele Familien steht die Verfügbarkeit von Kita-Plätzen auf der Prioritätenliste ganz oben. Darmstadt ist hier für die kommenden Jahre gut aufgestellt – oder gibt es Verbesserungsbedarf?
Die im städtischen Haushalt zur Verfügung gestellten Finanzmittel für die Kinderbetreuung haben sich von 35,8 Mio. Euro (2011) auf 73 Mio. Euro (2017) erhöht. Dabei haben wir nicht nur in Quantität, sondern auch in Qualität investiert – sowohl was die Betreuung selbst als auch was die Räumlichkeiten anbelangt. Im U3-Bereich besteht eine Versorgungsquote von 44,2% und im Kindergarten-Segment von 101,2% (2014). Wie eingangs schon gesagt, sind das im hessischen Vergleich Spitzenwerte. Doch die Stadt wächst, deshalb ruhen wir uns auf dem Erfolg nicht aus, sondern bauen die Betreuungskapazität kontinuierlich weiter aus.

Im Schulkind-Bereich sieht es etwas anders aus. Heute werden in Darmstadt 1.965 Schulkinder am Nachmittag bedarfsgerecht betreut. Das sind rund 80% mehr als noch im Schuljahr 2010/11, dennoch ist der Bedarf noch nicht zufriedenstellend gedeckt. Mit unserer Schwerpunktoffensive „Schulkindbetreuung“ sind wir dran, hier nachzuarbeiten. Es ist mir wichtig, dass wir den Eltern auch während der Schulzeit ihrer Kinder ein verlässlicher Partner sind.

Die Stadt Rodgau im Kreis Offenbach wirbt mit einem für die Eltern kostenlosen Kita-Besuch. Ist das ein Modell, das auch für Darmstadt wünschenswert und finanzierbar wäre?Mir ist es besonders wichtig, dass die Betreuungsqualität in den Kitas auf einem einheitlich hohen Niveau liegt und dass die Eltern – unabhängig vom Geldbeutel – unter einem vielfältigen Angebot wählen können. Deshalb haben wir uns für folgenden Weg entschieden: Wir haben den städtischen Zuschuss für Betreuungseinrichtungen in freier Trägerschaft deutlich erhöht, sodass der Elternbeitrag dieser Einrichtungen auf dem niedrigen Niveau der städtischen Kitas festgeschrieben werden konnte.
Darmstädter Eltern haben die Gewissheit, dass ihr Kind gut untergebracht und betreut ist! Das pädagogische Angebot reicht vom Waldkindergarten über anthroposophische und reformpädagogische Einrichtungen bis hin zu konfessionell geprägte Kitas und darüber hinaus.

Abschließend bleibt noch die Frage, welches persönliche Wahlziel Sie sich für den 19. März gesteckt haben?
Seit ich vor sechs Jahren zum Oberbürgermeister gewählt wurde und die Koalition aus Bündnis 90/DIE GRÜNEN und CDU ihre Arbeit aufnahm, haben wir für Darmstadt viel erreicht und verbessert. Viele haben daran mitgewirkt – Bürgerschaft, Verwaltung und Stadtwirtschaft. Die Politik hat dafür den nötigen Rahmen geschaffen. Unsere Erfolge finden bundesweit Beachtung: Gerade erst wurde Darmstadt zum zweiten Mal in Folge im Städteranking von Wirtschaftswoche und Immobilienscout24 zu „Deutschlands Zukunftsstadt Nummer eins“ gewählt.
Mein Ziel ist es, diese Arbeit in den kommenden sechs Jahren im Sinne der Bürgerschaft und einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung fortzusetzen, deshalb will ich am 19. März gewinnen.